Und sie bewegt sich doch

Nachdem einer der großen Hunde im Uhlenbusch sich wieder fletschend vor mir aufgebaut hatte, hab ich mich bei der Polizei beschwert und Leinenzwang verlangt. Die Polizei hat nicht nur dem Besitzer, sondern auch unserem Vermieter daraufhin einen Besuch abgestattet. Seitdem ist der Hund an der Leine und einige andere Hunde auch.

Purim-Gott rettet sein Volk Predigt 5.7.2020 in Cismar (Wolfgang)

Die Geschichte, die ich Ihnen heute erzählen möchte kommt uns allen fast zu bekannt vor: Es gab den großen Plan, alle Juden sollten getötet werden. Und nicht nur in einer Stadt, sondern im ganzen großen Reich.Und damit die Juden keinen Verdacht schöpfen können wurde der Plan geheim gehalten. Der Tag an dem dies geschehen würde wurde keinem bekannt gemacht, man wollte den Tag kurzfristig durch das Los bestimmen, um die Juden in Sicherheit zu wiegen.

Wir ahnen schon, was jetzt geschah. Wieder einer von den vielfältigen Versuchen, Gottes Volk auszurotten. Wie es in der Geschichte immer wieder passierte, zuerst versklavt von den Ägyptern um ihre Arbeitskraft auszubeuten, dann vertrieben in die babylonische Gefangenschaft um ihr erstes Reich zu zerstören, dann als sie Autonomie von der römischen Besatzung vergeblich erkämpften im ganzen römischen Reich verteilt, viele wieder jetzt als römische Sklaven. Und dann im Mittelalter, als die christlichen Kreuzritter Rache für den Tod Jesu nehmen wollten, für den sie die Juden verantwortlich machten, obwohl doch die Römer das Todesurteil aussprachen. Und zur Zeiten der Pest, als man Juden tötete, weil man ihnen vorwarf die Brunnen zu vergiften – nicht wissend das die Pest in den jüdischen Gettos nur deshalb weniger wütete, weil dort die hygenischen Verhälntnisse besser waren. Im katholischen Spanien erdosselte die christliche Inquisition die Juden, wenn sie nicht schon vorher aus dem Land vertrieben waren. Was Luther Schlimmes über die Juden gesagt hat, war hier in Deutschland der Nährboden für den wachsenden Antisemitismus, gerade im Bereich der evangelischen Kirchen. Aber auch in der Zeit der Aufklärung gab es die Anfeindungen, denen die wenigen Juden sich gegenübersahen, die zu Wohlstand und Reichtum gekommen waren – plötzlich waren alle Juden in den Augen der Welt Schmarotzer und Betrüger, die den anderen das Geld aus der Tasche zogen. Der deutsche Nationalismus hatte von Anfang an immer wieder antisemitische Züge, die dann im Rassenwahn der Nazis endeten, als man versuchte eine minderwertige jüdische Rasse zu definieren. Der Holocaust war die Folge. Aber noch vor wenigen Wochen versucht ein rechter nationalistischer antisemitischer Spinner in Halle die Juden beim Gebet in der Synagoge zu ermorden – von vielen rechten Gruppierungen im Land bejubelt. Antisemitismus hat viele Gesichter, richtet sich manchmal gegen einzelne Juden, oft aber auch gegen die Religion der Juden oder ihren Versuch einen Staat aufzubauen. Und oft ist Unkenntnis über die uns manchmal seltsam anmutenden Gebräuche und Riten die Ursache.

In der Geschichte, die ich Ihnen heute erzähle ist alles anders. Sie passierte im Reich der Perser, lange vor Christi geburt. Damals ging der Plan nicht auf . Damals ging es gut aus. Alle Juden wurden gerettet. Man mag es kaum glauben. Und das weil zwei mutige Menschen das fast Unmögliche versuchten – die Maschinerie des Todes aufzuhalten. Und wie zum Trotz feiern heute die Juden in aller Welt jedes Jahr das Purimfest, also das Fest des Loses, das damals nicht gezogen wurde

Da sind zuerst die 4 Hauptpersonen in diesem Drama : Xerxes der Erste, Herrscher über das Perserreich, das damals von Indien bis Griechenland und vom Schwarzen Meer bis zum Roren Meer reichte. Haman, sein oberster Verwaltungschef, der die Juden ermorden wollte. Mardochai, ein Jude, der den König früher vor einem Anschlag bewahrt hatte. Und die Hauptperson: Ester, eine elternlos aufgewachsene jüdische Pflegetochter von Mardochai, die, als der König seine Ehefrau nicht mehr anerkannte, zu einer seiner bevorzugten Geliebten wurde.

Der Ort des Dramas : Susa, im heutugen Iran, nahe der Grenze zum Irak.

Die Zeit . Ungefähr 500 Jahre vor Christus

Warum der Verwalter Haman alle Juden umbringen wollte, erzählt das Buch Ester im alten Testament nicht, aber wahrscheinlich wollte er und seine politischen Freunde sich bereichern, möglicherweise fürchten sie sich auch vor der fremden Kultur und Religion, die überall im Land an Bedeutung gewann.

Hamans Plan wäre sicher aufgegangen, wenn nicht Mardochai über Ester davon erfahren hätte. Mardochai stellt sich demonstrativ gekleidet in einem Sack vor den Palast, ohne dem König die angemessene Ehre zu geben und fastet dort viele Tage. Als Ester davon erfährt, beschließt sie einzugreifen, obwohl sie sich dadurch auch selber gefährdete. Denn es war allen verboten selber zum König zu gehen, wenn der es nicht angeordnet hatte, nicht mal seine Frauen. Sie geht trotzdem zum König und bittet ihn und Haman zu einem Festmahl in ihren Gemächern. Und der König lässt sich darauf ein. Bei dem Essen, nach mehrern Gläsern Wein, verspricht ihr der König jeden Wunsch zu erfüllen, und sei es das halbe Königreich. Sie aber bittet den König nur zu einem weiteren Festmahl zusammen mit Haman zu kommen, wo sie ihm ihre Bitte vortragen würde. Über Hamans Plan schweigt sie und der fühlt sich danach schon völlig sicher, dass sein Plan aufgeht. Und weil er so sicher ist lässt er schon für Mardochai, der immer noch in seinem Sack vor dem Tor des Königs fastet, einen Galgen errichten. Bei dem zweiten Festmahl erinnert Ester den König daran, dass Mardochai ihn früher vor einem geplanten Attentat gerettet hat. Sie verrät dem König den geheimen Plan des Haman und auch, dass Haman bereits für Mardochai einen Galgen aufgestellt hat. Und sie bittet, Haman zu entlassen, und um das Leben der Juden im Reich. Der König ist so erzürnt, das er nicht nur Haman als Verwalter entlässt, sondern ihn am Galgen, der für Mardochai errichtet wurde aufhängen lässt. Und der König verfügt, dass alle Juden sicher in seinem Reich leben sollen.

Und bis heute wird deshalb Purim jedes Jahr gefeiert. Und wie! Wenn Juden feiern dann auch so gründlich, wie man es sonst eher von jüdischen Hochzeiten kennt. Wie ein kleines Video des Südwestfunks aus Tel Aviv zeigt.

Die Ähnlichkeit mit Fröhlichkeit im rheinischen Karneval ist schon verblüffend, dort weiß ja auch nur noch selten jemand, dass Karneval die letzten Tage vor der Fastenzeit als Erinnrung an die Passion Jesu sind. Und so witzige Ritale wie das Ausbuhen des Haman in der Synagoge wünsche ich mir manchmal in unseren so trockenen Gottesdiensten.

Für uns heißt das aber auch: Obwohl es Antisemitismus immer wieder geben wird, es gibt auch ein freies Leben für das Volk Gottes. So wie in Davids Großreich, unter Xerxes in Persien, im Spanien der islamisch-maurischen Zeit oder heute in USA, Israel und erfreulicherweise gerade in Berlin.

Und bei aller Kritik an der Politik des jüdischen Staates bleibt für uns Christen die Pflicht Gottes Volk auf der Erde zu schützen, wo immer es bedroht wird. Und imer dort widersprechen, wo Juden pauschal abgewertet oder ausgegrenzt werden. Verrückte Antisemiten wird es wohl immer geben, aber ihre Ideologie darf nie wieder wie im Nazideutschland oder im heutigen Iran zur Staatdoktrin werden.

Und die Geschichte kann uns Mut machen, gewaltfreie Aktionen, wie die Fastenaktion von Mardochai, können einen unheilvollen Verlauf stoppen. Sie erinnert an ähnliche erfolgreiche Aktionen von Gandis oder von Martin Luther King. Und auch Ester, die durch kluges Geschick im Einsatz aller zur Verfügung stehenden Mittel, wahrscheinlich auch gerade iherer erotischen Anziehungskraft, den König auf ihre Seite zieht, um ihr Volk zu retten.

Aber mir geht es so: Ich frage mich dann immer, ist die Ester-Geschichte nicht vielleicht nur ein Märchen aus alter Zeit, um die verfolgten Juden zu trösten. Vor 3 Wochen fand ich zufällig in der Zeitschrift GEO-Wissen ein Bericht der 82-jährigen Jüdin Tanja Dreifuss, der beschreibt, dass gerade das Undenkbare manchmal bei Gott möglich wird. Freu Brand liest Ihnen den Bericht vor:

Da bleibt mir nur Amen zu sagen.

Projekt Uhlenbusch: Seniorendorf mutiert zum Hundedorf

Dorf auf der ehemaligen Seekoppel in Bosau ist auf den Hund gekommen

Und das im wahrsten Sinne des Wortes – ganz was Besonderes sollte es sein, dieses wie eine Ferienhaussiedlung anmutende Dörfchen am Ende des Ortes Bosau:  Hier will man Gemeinschaft leben, hier achtet man aufeinander, hier soll man aktiv und selbstbestimmt alt werden, ein würdevolles Leben führen können bis zum Ende.

Diese Vision des Gründer-Ehepaars Ulrich und Caroline Reimann hat mich seinerzeit begeistert: meine Restlaufzeit nicht allein und nicht in einer Alten- und Pflegeeinrichtung  verbringen zu müssen, eine alternative Lebensform aufzubauen, in dem Menschen miteinander die Tücken des Älter-Werdens gemeinsam meistern können, indem sie einander unterstützen mit dem, was sie noch können, um so bis ins hohe Alter in einem seniorengerechten und ökologischen Dorf ein selbstbestimmtes Leben führen zu können.

Die Vision ist wie eine Seifenblase zerplatzt.

1. Das Dorf Uhlenbusch ist in dem, wie es sich heute – auch in der Öffentlichkeit – präsentiert, nicht wirklich auf das Alter ausgerichtet und Menschen, die pflegebedürftig werden, sehen sich gezwungen, das Dorf zu verlassen.

2. Menschen mit eigenen Ideen zur Lebensgestaltung der Gemeinschaft sind nicht erwünscht.

3. Die vom Dorfgründer gepriesene besondere Qualität im Umgang und Gespräch miteinander hat sich ins Gegenteil verkehrt: Der Anspruch, mit Respekt und Toleranz miteinander umzugehen, wird mit Füßen getreten:  nicht genehme Bewohner werden ausgegrenzt. Das hat Strukturen von Mobbing und dazu geführt, dass die ‚erste Uhlenbusch-Generation‘ nach und nach den Uhlenbusch verlässt. Diese Ausgrenzungen passieren sehr gezielt: Man enthält bestimmten Mietern Informationen vor, verbreitet Gerüchte über sie, weist sie hin auf ihr Recht kündigen zu können, behandelt sie so, als gäbe es sie gar nicht, und anderes mehr.

4. Das Dorf Uhlenbusch ist von einem zwei Meter hohen Zaun und hohem Tor umschlossen und vermittelt der Umgebung den Eindruck einer hier lebenden elitären Gemeinschaft, die mit anderen nichts zu tun haben will. Dementsprechend wird das Uhlenbusch-Dorf bezeichnet als JVA, Ghetto und Tierversuchsstation; als Bewohnerin habe ich zuweilen den Eindruck, in einem großen Hundezwinger zu leben. Hunde stehen für den Vermieter an oberster Stelle, potentielle Mieter werden danach ausgesucht, ob sie Hundebesitzer sind. So leben in diesem Dorf z.Zt. zirka 20 Hunde auf Wegen und Abwegen, denn nicht jeder Hund ist  hier mit seinem Frauchen oder Herrchen unterwegs.

Wie mutiert ist der ursprüngliche Plan eines seniorengerechten Dorfes, in dem man Gemeinschaft lebt! Aus meiner heutiger Perspektive gesehen, hat man uns, die erste Mietergeneration, mit einer Vision für ein alternatives Wohnen im Alter angeworben, uns ‚benutzt als geldgebende Pioniere‘, und kann uns jetzt, da wohl alles im Sinne der GmbH läuft, nicht schnell genug loswerden. Das ist bitter!

                                                                                                                                       Dorothea Brand

Von der Demokratie über die Soziokratie zur Willkürherrschaft der Grundbesitzer im Uhlenbusch

Der Anfang

Zu Beginn gab es im Uhlenbusch einen wöchentlichen Kennlerntreff, an dem alle recht regelmäßig teilnahmen, auch die Vermieter (Ulli und Caroline Reimann). Aber die Auseinandersetzungen waren oft sehr emotional. Lebte man doch auf einer Baustelle, wo es vieles noch nicht gab und einiges nicht funktionierte. So entstand nach und nach das Bedürfnis diese Treffen zu strukturieren. Meist wählte man einfach eine Gesprächsleitung, damit überhaupt jeder gleichberechtigt zu Wort kam.

Die vorläufige Mietervertretung

Dann organisierte einer der Bewohner (Herbert Stierel-Domeyer) nach einem soziokratischen Verfahren die Wahl einer dreiköpfigen Mietervertretung. Gewählt wurden Edith Pingel, Wolfgang Kummerfeldt und Helgard Stahl. Diese Mietervertretung nannte sich vorläufig, da erst die Hälfte der Bewohner eingezogen war. Leider gab es keine Einigung der Mieterversammlung, wie bei Nichteinstimmigkeit entschieden werden sollte. Innerhalb der vorläufigen Mietervertretung galt das Mehrheitsprinzip. Nachdem die Kritik an den Vermietern immer stärker wurde, zogen die sich weitgehend aus der Mieterversammlung zurück. Insbesondere die Diskussion um die Gartengestaltung und über Zaun und Tor zeigte unüberwindliche Gegensätze zwischen sehr vielen Bewohnern und den Vermietern.

Soziokratie und Satzung

Als alle 30 Häuser standen, lud der Vermieter zu einer ersten Vollversammlung ein und stellte sein Soziokratiemodell vor: 6 Säulen für die verschiedenen Bereiche, die er mit 6 Personen als Leitung besetzt hatte. Auf die Kritik an diesem undemokratischen Vorgehen erwiderte er, es könne ja jemand einen Gegenvorschlag machen. Das geschah daraufhin durch Hans-Jochen Laabs und Klaus von Bröckel. So gab es drei Satzungsvorschläge. Daraufhin haben Elke Badur-Siefert, die den Vorschlag der Vermieter vertrat, und Hans-Jochen und Klaus einen gemeinsamen Kompromissvorschlag vorgelegt. Der fand in der folgenden Vollversammlung nur eine Zweidrittelmehrheit. Daraufhin wurde er vom Vermieter abgelehnt, der auf Einstimmigkeit bestand. Er selber hatte offensichtlich dagegen gestimmt.

Situation heute

Seitdem werden alle Entscheidungen recht willkürlich nur vom Vermieter getroffen – ohne einen Uhlenrat, den der Anhang zum Mietvertrag eigentlich vorsieht. Der Zaun um das Gelände wurde durch ein 2m hohes Tor ergänzt, die Außenflächen nach seinem Plan gestaltet oder oft ungestaltet gelassen. Der Unmut der ersten Bewohner führte dazu, dass von den ursprünglichen Mietern mehr als die Hälfte ausgezogen ist. Als neue Bewohner wurden fast nur noch Hundebesitzer vom Vermieter ausgewählt. Auch die Nutzungsregelungen für Gästezimmer, Gemeinschaftshaus und Sauna wurden ohne Absprachen mit den Bewohnern festgelegt.