Feier zum Gründonnerstag (Doro)

Tischabendmahl in Erinnerung an die jüdischen Wurzeln unseres Glaubens

Bodenbild
:
Kreuz aus Seil – in der Mitte steht der Leuchter –
die vier Ecken werden während der Erzählung gefüllt:

1.: gelbes Tuch: Elemente des Passafestes: Salzwasser, Bitterkräuter,
Apfelmus, Kerze
2.: oranges Tuch: Duftöl (Salbung in Bethanien)

3.: schwarzes und goldenes Tuch: Brot und Saft/Wein (Kelch)
4.: schwarzes Tuch: großer Stein

Seil aus der Mitte erntfernen – Kerze in die Mitte
Seil um das Bild legen

09.April 2020 Bosau

Erzählung zu den Ereignissen der Karwoche

1 (Weg nach Jerusalem)

In Jerusalem – vor wenigen Tagen hatten die Menschen Jesus einen großen Empfang bereitet:

Sie hatten Kleider auf den Weg geworfen , wie ein König sollte Jesus über einen Teppich in die Stadt hineinschreiten.

Sie hatten mit Zweigen an den Straßenrändern gestanden und gewunken.
Sie hatten gerufen: Hosianna, Hosianna dem Sohn Davids! Du bist der, der uns Freiheit schenkt. Du kommst von Gott! Hosianna!

Jetzt waren sie nun hier in Jerusalem, Jesus und seine Freunde.
Lasst uns heute Abend feiern!, sagte Jesus. Es ist wenige Tage vor Ostern.

Dann ist es Abend.
In einem großen Saal haben sie sich versammelt.

Auch unsere Feier beginnen wir mit einem Blick auf uns selbst:   
Die Ereignisse der Karwoche geschahen für uns:      

  • Jesus hat den Kopf für andere hingehalten.
    Wo habe ich mich meiner Verantwortung entzogen?
  • Jesus hat mit seinen Händen geheilt.
    Wo hätte ich zupacken sollen?
  • Jesus ist dahin gegangen, wo Menschen in Not waren.
    Wo hätte ich andere Wege gehen sollen als die, die ich gegangen bin?
  • Jesus hatte ein Herz für andere.
    Habe ich ein Herz für die, die meine Hilfe brauchen?

Auch für uns gilt die Zusage: Du sollst rein gewaschen sein von deinen Versäumnissen durch Gottes Erbarmen.
Das sollen wir spüren: Ich wasche Euch die Hände.

Lit: Gepriesen bist du, Herr, unser Gott, König des Himmels und der Erde, der du uns geheiligt hast durch deine Gebote und uns den Auftrag gabst, das Festlicht zu entzünden.

Leuchter anzünden
Gepriesen bist du, Herr, unser Gott, König des Himmels und der Erde, der du unser Leben erhältst und uns Hilfe schenkst und uns diesen Tag sehen lässt.
Mach unser Haus, Gott,  zu einem heiligen Raum durch das Licht deines
Angesichtes, das uns so freundlich scheint und das uns Frieden bringt.
Amen.  

1. Becher füllen

(Kiddusch – der Lobpreis des Festes)

Lit:    Gepriesen bist du, Herr, unser Gott, König des Himmels und der Erde, der du uns geheiligt hast durch deine Gebote. Gott, in Liebe hast du uns gegeben Jahreszeiten der Freude, Tage der Ruhe und Zeiten der Fröhlichkeit, diesen Festtag der ungesäuerten Brote, den Tag unserer Freiheit, einen heiligen Tag vor allen anderen Tagen, eine Erinnerung an den Auszug. Denn DU hast uns auserwählt, du hast uns deine heiligen Zeiten zum Erbe gegeben. Gepriesen bist du, Herr, der du Israel und die Feste geheiligt hast.

Alle trinken den 1. Becher

Der Tisch wird gedeckt.                                                              – große Kerze – Nacheinander wird aufgetragen, was am Abend gebraucht wird.
Es ist immer, in jedem Jahr, dasselbe. Denn in jedem Jahr wird dieses Fest gefeiert. Und immer soll es erinnern an eine Zeit, in der Menschen in Ägypten unter dem großen Herrscher, dem Pharao, sehr gelitten hatten. Salzwasser, Petersilie und Apfelmus werden auf den ‚Tisch’ gestellt. (Salzwasser: Tränen
Petersilie: wie bitter alles war
Apfelmus: Lehm – Ziegel)

So saßen sie beieinander. Sie erzählen davon, wie ihre Großväter und Großmütter gelitten hatten, wie bitter ihnen die Arbeit unter dem Pharao war, wie schwer sie arbeiten mussten und wie viel sie geweint hatten.

(Die Haggadah – der Bericht vom Auszug)
Der 2.Becher wird gefüllt, aber noch  nicht getrunken!
Große Kerze wird in die 2. Ecke gestellt.

Lit:   Warum ist diese Nacht anders als alle anderen Nächte?

Lit:   Weil wir heute an die Nacht denken, da Israel aus der Not in Ägypten befreit wurde.

Lit:   Der Syrier verfolgte unsere Väter, die nach Ägypten zogen und dort blieben. Sie waren noch klein an Zahl, doch sie wuchsen heran zu einem starken und zahlreichen Volk. Doch die Ägypter begannen, unser Volk zu unterdrücken und legten ihm die schweren Lasten auf. Da riefen unsere Väter, die Kinder Israels, zum Herrn, dem Gott unserer Väter, der uns hörte und nieder sah auf unsere Unterdrückung und mühsame Arbeit. Und wenn der Heilige – gepriesen sei sein Name – unsere Väter nicht aus Ägypten herausgeführt hätte, vielleicht wären wir immer noch Sklaven.

Es war in der ersten Nacht nach Neumond, und Gott schlug Ägypten mit einer undurchdringlichen Finsternis, und sein Todesengel ging von Tür zu Tür, um alle Erstgeborenen zu schlagen, so dass sich ein großes Wehklagen erhob im Land des Nils.

Überall aber, wo das Blut an die Türpfosten und auf den Schwellen gestrichen war, da ging der Engel Gottes schonend vorbei, und so wurden unsere Väter gerettet. Sie schliefen in dieser Nacht nicht, sondern aßen in großer Eile mit geschürzten Kleidern und dem Reisestab in der Hand das erste Passahmahl, das Opfer der Erstlingsfrüchte zusammen mit dem ungesäuerten Brot.
Das Brot konnte nämlich wegen der Eile nicht aufgehen und zusammen mit dem bitteren Kraut war es ein Zeichen für das Elend unseres Lebens.

Mitten in der Nacht zogen unsere Väter dann unter der Führung des Mose und unter dem Schutz einer leuchtenden Wolke heraus aus dem Sklavenhaus Ägypten. Darin war der Herr uns ganz nahe.
So kamen die Kinder Israels an das Rote Meer.
Ängstlich schauten sie sich um, denn schon hatte es dem Pharao Leid getan, dass er unsere Väter hatte ziehen lassen, und er verfolgte uns.

Doch Mose befahl den Wassern auseinanderzugehen, und trockenen Fußes zogen die Kinder Israels durch das Rote Meer, aber der Pharao fand mit den Seinen den Tod in der Gewalt der zurückfließenden Wasser.
So befreite der Herr,  unser Gott, unsere Väter durch die Hand des Mose aus dem Sklavenhaus Ägyptens und führte sie durch die Wüste von Sinai in das Land, das er mit einem Eid versprochen hatte Abraham, Isaak und Jakob.
Und das alles ist geschehen um unseretwillen.
Und wären wir auch alle voller Weisheit und Verständnis, alt an
Jahren und tief verwurzelt in den Traditionen und Gebräuchen, dann müssten wir dennoch jedes Jahr diese Geschichte des Auszugs, unseres Auszugs, erzählen.

Lit:    Was bedeutet Passah ?
       
Lit:    Passah bedeutet Osterlamm, das Osterlamm, das geschlachtet wurde und dem Herrn dargebracht, um der Nacht zu gedenken, in der der Heilige – gepriesen sei sein Name – an den Häusern unserer Väter vorüberging.

Lit:   Warum essen wir heute Mazzen? An allen anderen Tagen essen wir doch gewöhnliches Brot, das wir beim Bäcker kaufen.

Lit:   Wir erinnern uns an das ungesäuerte Brot beim Auszug aus Ägypten. Es ist das Brot der Tränen. Wir denken daran, wie viele Menschen in Armut und Hunger leben müssen.

Lit:   Sonst essen wir Gemüse und Salat. Warum essen wir heute bittere Kräuter in Salzwasser?

Lit:   Wir essen Bitterkraut, um daran zu denken, dass die Ägypter das Leben unserer Väter bitter machten. Wir essen es, weil wir nicht wegschieben können, was uns weh tut und traurig macht.


Lit:   Sonst ist es gleichgültig, wie wir auf einem Stuhl sitzen, heute sitzen wir alle angelehnt. Warum?

Lit:   Wer angelehnt sitzen darf, hat ein gutes Leben. Wir dürfen frei und fröhlich sein. Einst waren wir Sklaven in Ägypten, doch Gott hat uns aus der Hand des Pharao errettet.

Lit:  Jede Passahfeier erinnert uns an den Auszug aus Ägypten. Daher ist es unsere Pflicht, Gott zu danken, ihn zu loben. Ihn, unseren Gott, der mit uns handelt:
Er führt aus dem Kummer zur Freude, aus der Traurigkeit zur fröhlichen Feier, aus Dunkelheit zu strahlendem Licht.

Alle trinken den 2. Becher!

2.  (= 2.Ecke) (Salbung in Bethanien)

Da klopfte es. Eine Frau trat ein.
Sie hatte hier eigentlich nichts verloren.
Die Freunde Jesu wollten sie schon abwimmeln. Doch da stand sie schon vor Jesus. Sie hat ein Glas voll mit duftendem Salböl in der Hand. Ohne ein Wort zu sagen, gießt sie ein wenig des Öls über Jesu Kopf.

Der ganze Raum beginnt wunderbar zu duften.

Da schimpfen die Freunde Jesu:
Wozu diese Verschwendung?!

Dieses kostbare Öl ist viel zu schade. Es hätte teuer verkauft werden können. Und dann hätten wir das Geld den Armen geben können.

Da sagt Jesus zu seinen Jüngern:
Warum macht ihr die Frau traurig?
Sie hat mir mit dem Öl etwas Gutes getan. Den Armen könnt ihr jederzeit etwas schenken. Ich aber bin nicht mehr lange bei euch.
Ich werde bald sterben. Ich freue mich, dass die Frau so liebevoll mit mir umgegangen ist.

So duftet der Raum wie ein ganzer Blumengarten.  – Legematerial! –

(Die feierliche Segnung der Speisen)

Lit:   Gepriesen bist du, Herr, unser Gott, König des Himmels und der Erde, der du uns befreit und unsere Väter aus Ägypten geführt hast, der du uns leben ließest bis zu diesem Abend, um das ungesäuerte Brot und die bitteren Kräuter zu essen.
Herr, unser Gott und Gott unserer Väter, dein Wille geschehe durch Jakob, deinen auserwählten Diener, damit dein Name geheiligt werde auf der ganzen Erde und alle Völker eines gesinnt dir dienen. Mit Lobliedern wollen wir dich besingen für unsere Rettung und die Befreiung unseres Lebens.

Tisch decken (3. Ecke), Mazzen auswickeln – Kerze!

Lit:    Lasst uns die Bitterkeit in das Salzwasser tauchen und das ungesäuerte Brot mit Bitterkraut zusammenfügen und es als eine Speise essen, wie geschrieben steht:
„Ungesäuertes Brot und bittere Kräuter sollen wir essen.“

Lit:   Lasst uns nun Charoseth/Mus  zum ungesäuerten Brot und dem Bitterkraut hinzunehmen. Das ziegelfarbige Mus erinnert an die Sklavenarbeit in Ägypten, das Ziegelbrennen zum Bau von Pyramiden.

Alles zusammen essen!

Der 3.Becher wird gefüllt und getrunken!

Zum Fladenbrot wird ein Kelch mit Wein gestellt!

3. (Abendmahl)

Ihr habt es gehört, meine Freunde: Ich werde bald nicht mehr bei euch sein. Heute feiern wir hier in dieser Form zum letzten Mal miteinander. Ich möchte aber, dass ihr nicht traurig seid.

Ihr sollt wissen, dass ich bei euch bleibe, auch wenn ihr mich nicht mehr sehen könnt.           

Und dann nimmt er das Brot und er sagt:
Dieses Brot bin ich selber.

Wann immer ihr euch versammelt und das in meinem Namen tut, dann esst von dem Brot und wisst: Ich bin da.

Und dann nimmt er auch den Kelch mit dem Wein und er sagt:
Genauso ist das mit dem Wein.

Wann immer ihr den Wein miteinander teilt und ihr tut das in meinem Namen, dann sollt ihr wissen: Ich bin bei euch.

Brot und Wein könnt ihr schmecken.
Ich bleibe bei euch und das gilt für alle Zeit.

Austeilung:

„Das Brot des Lebens – der Kelch des Heils“

Die vierte Ecke wird zur Grabesecke umgestaltet.
Großer Stein – brennende Kerze

4. (Golgatha)

Dann kommt die Nacht.
Jesus verlässt den Raum und geht in den Garten Gethsemane.
Soldaten nehmen Jesu fest und führen ihn dem Richter vor.

Er wird zum Tod verurteilt.
Jesus stirbt am Kreuz auf Golgatha.   – Kerze löschen –  

Er wird in einer Höhle begraben.
Ein großer Stein wird vor das Grab gerollt.

5. Ostern

Seil herumgeben – um das Bodenbild legen
Kerze anzünden – in die Mitte stellen


Wir wissen, dass Jesus nicht tot geblieben ist.

Drei Tage später hat Gott ihm neues Leben geschenkt.

Wir dürfen daran glauben
und uns immer wieder vergewissern:
Jesus ist bei uns. Denn wir dürfen, wie heute, Brot und Wein in seinem Namen miteinander teilen. Amen.   

Corona-Eis

Heute auf dem Plöner Markt. Ca 15 Menschen auf leerer Fläche. In der Eisdiele offensichtlich Personal an der Theke. Ich rufe aus 5m Entfernung „2Kugeln Schokolade“. Die Bedienung ruft zurück: „Sie müssen telephonissch bestellen, wir verkaufen nur außer Haus. Ich also dasselbe nochmal ins Handy, gehe zur Theke, zahle und bekomme mein Eis. Hinter mir eine Familie mit 4 Kindern. Eine fragt: „Warum denn so umständlich, sie wusste doch was gewollt war.“ Nun erklären Sie den Sinn deutscher Bestimmungen in dieser Zeit mal einer 7-jährigen!

„Jesu Verwandschaft“ Predigt Markus 3 ;31-35 22.9.2019 in Cismar (Wolfgang)

(Predigt in Arbeitsschürze und mit Säge und Hobel)

Also ich muss immer sagen, ich muss Ihnen etwas erzählen, ich hab mich fürchterlich aufgeregt gestern und ich kann mich immer noch nicht beruhigen. Ja was meine Frau da gestern erzählt hat. Mein ältester Sohn war ja immer etwas seltsam. Aber so was, das hab ich mir nicht vorstellen können. Ach sie wissen gar nicht, worum es geht.

Ich glaube ich fange mal vorne an. Also da war meine Frau, sie wollte ja ihren Sohn besuchen. Sie wollen endlich mal wissen, wie’s ihm geht. Da sie nicht alleine reisen kann, das ist zu gefährlich, ist mein zweitältester Sohn Jakob mitgegangen und seine Schwester. Sie wussten gar nicht wo sie ihn finden würden. Nur die vage Richtung, nach Osten zum großen See und dann von da aus haben sie sich weiter durch gefragt.

Ich merke schon ich muss noch weiter vorher anfangen sonst versteht Sie ja gar nicht warum sie den Aufenthalt ihres Sohnes nicht kannte.

Also eigentlich war mein Sohn ein ganz lieber, zu mindestens dachte ich das immer. Er raufte nicht so wie die anderen Kinder und er war mir in meiner Werkstatt schon mit zwölf Jahren eine große Hilfe und mit 15 war schon wie ein Geselle in der Werkstatt. Er konnte da schon alles übernehmen konnte konnte Tische Stühle herstellen, konnte mir beim Dachdecken helfen und später als mir dann der Balken auf den Fuß gefallen ist, da konnte ich mich auf ihn verlassen. Er hat die Werkstatt fast alleine mit seinem jüngeren Bruder geführt. Ich saß und konnte gar nicht helfen und höchstens ein paar Anweisungen geben. Er hat das prima hingekriegt.

Aber etwas seltsam war er schon. Er schien mehr mit dem Kopf zuarbeiten und nicht wie ein richtiger Tischler vom Holz her zu fühlen, wie man das Werkzeug anpacken muss. Er gründete auch keine Familie, obwohl er doch schon lange erwachsen war. Als er 30 Jahre alt war ist der von einem Tag zum andern losgezogen, hat uns nicht gesagt wohin er wollte, nur ganz grob dass er in Richtung Osten zum großen See gehen würde. Wir haben natürlich gefragt, wo er denn wohnen wollte. Er sagte, das wisse er nicht, vielleicht unter freiem Himmel oder bei Freunden. Und wovon er leben wollte und er sagte nur: Ich werde mal sehen. Zu mit sagte er: mein Bruder Jakob ist jetzt groß genug du kannst mit ihm die Werkstatt alleine führen, du brauchst mich ja nicht mehr. Aber was er genau wollte, weiß ich bis heute nicht.

Er ist dann noch einmal später in unsere Stadt gekommen.Das war ein etwas seltsamer Besuch.Wir dachten erst er würde uns besuchen wollen, aber seine Freunde fing sofort an mit den Menschen aus der Stadt zu diskutieren und zu reden und die Leute waren gar nicht begeistert von dem, was sie erzählten. Sie dachten, den kennen wir doch, was erzählt er uns hier. Er und seine Freunde sind dann wieder raus, fast aus unserer Stadt geflohen und wieder in Richtung des Sees, hat er uns gesagt aber ohne genaue Ortsangabe

Deshalb wollte meine Frau vor vier Tagen ihn wenigstens noch einmal in sehen und gucken wie’s ihm geht und ist mit meinem zweiten Sohn und seiner Schwester zusammen losgezogen in Richtung Osten sie wussten ja auch nicht wo er war. Sie hat ihm noch einen warmen Umhang und eine Decke mitgebracht, weil sie Angst hat dass es so kalt wird im Winter. So sind Mütter eben und dann hat sie zwei Tage sich durch gefragt bis sie ihn gefunden hat und er saß wirklich in der Nähe des großen Sees umringt von einer Schar von Freunden Männern und Frauen, die sie nie vorher gesehen hatte.

Sie hat ja die Freunde aus dem Kreis um ihn gebeten, er möge doch mal zu ihr kommen oder dass sie zu ihm durch die vielen Menschen gelassen würde. Als die Freunde ihm aber die Nachricht brachten, dass seine Mutter und seine Geschwister da waren, um ihn zu besuchen, hat er gesagt zu allen gesprochen:“ Sieht hier das hier sind meine waren Brüder und Schwestern, das ist meine Familie das sind mein Vater und meine Mutter. Denn wer Gottes Willen tut der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter.“ Meine Frau war wie vor den Kopf gestoßen. Da hatte sie sich zwei Tage lang auf den beschwerlichen Weg gemacht und jetzt muss sie hören, er hätte eine neue Familie, andere Menschen, die sie gar nicht kannte. Und die waren im plötzlich wichtiger geworden als die, mit den er 30 Jahre zusammen gelebt hatte, als seine Mutter die ihn 9 Monate im Bauch getragen und fast sein ganzes Leben lang versorgt hatte, als sein Vater, der mit ihm in der Werkstatt Jahre lang gearbeitet hatte als seine Geschwister mit denen er als Kind gespielt und als junger Erwachsener zusammen gelebt hatte. Am Anfang verstand meine Frau ihren Sohn gar nicht mehr.

Aber dann hat er sich doch noch mit seiner Mutter und seinen Geschwistern unterhalten und sie begrüßt und sich bei seiner Mutter bedankt für die Geschenke und sie mit zum Essen eingeladen. Wie selbstverständlich hat die ganze Gruppe dort den Fisch, das Brot und den Wein geteilt und es hat komischerweise für alle gereicht obwohl es zuerst nicht so aussah und ich weiß bis heute nicht, wovon sie das gekauft haben, also von welchem Geld .

Auf dem Heimweg hat meine Frau Maria noch lange über die Worte ihres Sohnes nachgedacht. Sie hatte überlegt eigentlich ist das ja für ihn seine neue Familie. Für ihn ist das vielleicht wirklich so, das sind seine Brüder und Schwestern. Obwohl für sie war es doch schwer das zu ertragen. Aber so sind Mütter eben. Sie hatte ihm eigentlich schon verziehen als sie hier wieder ankam. Aber als sie mir die Geschichte dann erzählt hat,da wurde ich richtig wütend: Was ist das für ein Sohn, der so mit seiner Mutter umgeht

Heißt es nicht im fünften Gebot: Du sollst Vater und Mutter ehren. Aber für ihn sind wohl andere zu Vater und Mutter geworden. Maria erzählte auch, dass er Gott mit Vater anredet. Eigentlich müsste ich mich ja geehrt fühlen, wenn er den Namen den er mir jahrelang gegeben hat jetzt für Gott verwendet. So ein schlechter Vater kann ich wohl gar nicht gewesen sein und mich wundert nur, dass er Gott nicht gleich mit Mutter angeredet hat. Maria hat ihn doch immer viel besser verstanden als ich. Einerseits finde ich es schön, dass er wieder so viele Freunde gefunden hat und andererseits, ob er uns nicht auch vermisst hat. Ich habe nicht so viele Freunde wie er, ich habe mich um meine Frau und meine Kinder gekümmert, ich hatte nicht so viel Zeit für Freundschaften. Vielleicht hat er ja was wichtigeres entdeckt, etwas was über die natürliche Familie hinausgeht. Aber das hätte er doch etwas netter seiner Mutter sagen können. Ich finde immer noch der Ton war nicht angebracht. Vielleicht verstehen Sie jetzt meinen Ärger und ich werde mich nur sehr langsam glaube ich beruhigen und nicht so schnell wie Maria das konnte.

Predigt zu der Geschichte von Varenka und der Jahreslosung 2020: „Ich glaube. Hilf meinem Unglauben!“ (Doro)


Friede sei mit euch!

Liebe Frauen und Männer, liebe Schwestern und Brüder!

Vor langer Zeit lebte in den alten Wäldern Russlands eine Witwe mit Namen Varenka. Ihr kleines Holzhaus lag tief im Wald – nur selten kam jemand hier vorbei.

Varenka hatte alles, was sie brauchte: einen Tisch und ein paar Stühle, Kästen für Brot und Käse und Geschirr. Nahe des Ofens hatte sie einen kleinen Altar gebaut. Auf der warmen Ofenbank fand sie nachts ein Plätzchen zum Schlafen. 

Varenka war glücklich. 
Eines Tages kam eine Gruppe von Leuten vorbei. In heller Aufregung riefen sie: „Varenka, schnell, pack ein paar Sachen. Im Westen tobt ein schrecklicher Krieg. Jeden Tag kommt er näher. Komm mit uns mit, bevor dir etwas zustößt!“

Varenka überlegte einen kurzen Moment. Dann sagte sie: „Nein, ich bleibe hier. Wer wird die müden Wanderer stärken, wenn ich mit euch mitgehe? Wer nimmt sich der Kinder an, die sich im Wald verirren? Wer wird sich um die Tiere des Waldes kümmern, wenn der Winter kommt? Nein – ich komme nicht mit. Ich bleibe! 
Doch ihr – ihr möget euch beeilen. Zieht weiter und Gott schütze euch!“

Am Abend dieses Tages, als es still wurde im Wald, da hörte Varenka das Donnern der Kanonen und sie kniete an ihrem Altar und betete zu Gott:
Bitte bau eine Mauer um mein Haus, damit mich niemand hier findet!

Es wurde Nacht und die Kanonen verstummten. Friede lag über dem Wald.
Nur – Gott kam nicht und niemand baute eine Mauer um Varenkas Haus.

Als Varenka am nächsten Tag aus dem Wald heimkehrt, steht vor ihrer Hütte Pjotr, der Ziegenhirt – im Arm ein Ziege, das einzige, was ihm geblieben ist. Varenka bittet ihn hinein und als der Abend kommt, da kniet sie nieder an ihrem Altar und betet:
Bitte bau eine Mauer um mein Haus, damit uns niemand hier findet!

Es wurde Nacht und die Kanonen verstummten. Friede lag über dem Wald.
Nur – Gott kam nicht und niemand baute eine Mauer um Varenkas Haus.

In der Frühe des nächsten Tages geht Varenka Pilze sammeln. Erschrocken fährt sie hoch, als sie in einem hohlen Baum einen jungen Mann schlafend entdeckt. Auch ihn, den Maler Stjepan nimmt sie mit nach Hause. Ihn, sein Bild und die kleine weiße Blume.

Und als der Abend kommt, da kniet sie nieder an ihrem Altar und betet:
Bitte bau eine Mauer um mein Haus, damit uns niemand hier findet!

Es wurde Nacht und die Kanonen verstummten. Friede lag über dem Wald.
Nur – Gott kam nicht und niemand baute eine Mauer um Varenkas Haus.

Am dritten Tag ist das Donnern der Kanonen sehr laut. Kaum vernehmbar hört Varenka die weinende Stimme eines Kindes vor ihrer Tür. „Ich habe Vater und Mutter auf der Flucht verloren und hab mich verirrt. Ich roch den Duft des Brotes.“ So kam auch Bodula ins Haus.

Und als der Abend kommt, da kniet sie nieder an ihrem Altar und betet:
Bitte bau eine Mauer um mein Haus, damit uns niemand hier findet!

Es wurde Nacht und die Kanonen verstummten. Friede lag über dem Wald.
Nur – Gott kam nicht und niemand baute eine Mauer um Varenkas Haus.

Auch in dieser Nacht war alles sehr still. Doch um die stillste Stunde herum vernahm Varenka einen leisen Ton. Vorsichtig öffnete sie einen Fensterladen und sah, dass Schnee fiel.

Sie trat vor ihren Altar, fiel auf die Knie und dankte Gott.

Und als der Morgen kam, da war das kleine Haus bedeckt von Schnee.

Als am Mittag die Soldaten kamen, da sah keiner von ihnen das kleine Haus unter der Schneehülle. Und sie gingen vorüber.
Pjotr, Stjepan, Bodula und Varenka aber dankten Gott.

Man erzählt, in diesem Teil Russlands habe es nie wieder Krieg gegeben.

Eine Geschichte wie ein Märchen – weit weg von uns hier in Kellenhusen –
weit weg, so will es scheinen, von dem, was unseren Alltag prägt.






Was hat diese märchenhafte alte Geschichte hier verloren?

Ich will benennen, was mich bewegt hat, diese Geschichte auszusuchen.

Wir teilen die Ängste, die diese 4 Menschen in dem kleinen Haus bewegen.

Angst vor diesem oder jenem, vor kleinen Tragödien und großen erschütternden Ereignissen.

Wir teilen die Ängste.

Was passiert, wenn ich schwer erkranke?
Wie verkrafte ich, wenn ein geliebter Mensch in meiner nächsten Umgebung stirbt?
Wie entwickelt sich die angespannte Lage im Nahen Osten und an anderen Kriegsschauplätzen dieser unserer Welt?

Wie kann ich der ständig zunehmenden Gewalt begegnen?

Die Ängste in dem kleinen Haus im Wald können wir sehr gut verstehen.
Das ist das eine.


Und das andere, was mich bewogen hat, diese Geschichte auszuwählen, ist:

Die Geschichte malt ein sehr anschauliches Bild von dem, was Menschen bewegen können, die an Gott glauben.➢ Varenka hat ein offenes Auge und ein weites Herz. Beides hilft ihr, die Not der drei anderen zu erkennen und Abhilfe zu schaffen. Auf engstem Raum beieinander, tun sie etwas, was ihre Ängste erträglicher macht: sie essen und trinken miteinander, sie singen, sie erzählen einander von sich selbst. 
Das ist das eine.
➢ Und der andere Gedanke:
Varenka glaubt an Gott und sie rechnet mit seiner Hilfe – ganz konkret. Das meint der vielleicht etwas angestaubte Begriff ‚Hoffnung’.
Hoffnung: Gott wird eine Mauer bauen, damit wir vier hier in diesem kleinen Haus nicht umkommen.
Hoffnung: Gott findet Wege, die vielleicht zunächst außerhalb meiner Denkens und meiner Erfahrung liegen, um zu helfen.
Hoffnung: Gott hat mit mir zu tun. Ganz konkret. Nicht erst später mal, wenn ich alt bin. Wenn ich krank bin. Wenn ich in Gefahr bin.

Eine Geschichte wie ein Märchen – weit weg von uns hier in Kellenhusen –
weit weg, so will es scheinen, von dem, was unseren Alltag prägt.

Aber vielleicht doch nicht so weit weg  …
denn genau das möchte ich doch erfahren können: 
Dass ich erleben kann, dass mein Glaube an den lebendigen Gott etwas bewegt – in meinem kleinen Alltag, und damit auch in den großen Zusammenhängen des menschlichen Lebens.

Gemeinsam essen und trinken,
einander von dem erzählen, was einem wichtig ist – gegen die Angst, die in uns steckt – wie die vier Menschen in Varenkas Haus.

Und die Hoffnung lebendig erhalten –
die Hoffnung, dass Gott manchmal Wege findet, mir zu helfen, die außerhalb meines Denkens stehen und den Erfahrungen, die ich bis jetzt gemacht habe, trotzt.

„Ich glaube. Hilf du, Gott, meinem Unglauben!“
Die Jahreslosung aus dem Markus-Evangelium nimmt das auf.

Ich glaube.
Ich glaube an den lebendigen Gott.
Und ich will mich nicht davon abbringen lassen.
Ich will mich nicht davon abbringen lassen, dass dieser Gott an meiner und an deiner Seite steht.

„Hilf meinem Unglauben, Gott!“
Erinnere mich daran, dass ich getauft bin.
Dass du mir zugesagt hast: Du, Menschenkind, bist mir wichtig und wertvoll. Ich brauche dich, damit Frieden wird. 
Frieden – wie damals im Wald und weit darüber hinaus.

Ich glaube an den lebendigen Gott.
D.h.: Ich bin Gottes Hoffnungsträger in dieser unserer so maroden Welt.

Ich darf Gott an meiner Seite wissen, und ich darf Gott um Kraft bitten, dem Amt des Hoffnungsträgers gerecht werden zu können.

Und Gott wird sich bitten lassen. Um den Schutz einer Mauer genauso wie das Einreißen einer Mauer, um die Bereitschaft zum Gespräch, das abgebrochen ist genauso wie um Begleitung, wo ein Mensch vereinsamt.

So wünsche ich uns allen ein von Gott gesegnetes Neues Jahr 2020!