Hoffentlich!

Eine Zeitlang galt:
„Dieser Mann, Wundertäter, Störenfried, Aufwiegler muss weg!“
„Besser einer stirbt, als wir alle!“

Eine Zeitlang galt:
„Ich wasche meine Hände in Unschuld!“
„Kreuzige ihn! Kreuzige ihn!“

Eine Zeitlang galt:
Der Mann aus Nazareth – Jesus – liquidiert.
Dann – endlich –
Ruhe – Friedhofsruhe.

Eine Zeitlang galt:
Der Tod hat das letzte Wort –
eine Nacht – ein Tag – eine Nacht …

Eine Zeitlang galt:
„Er ist nicht hier, er lebt!“
„Er ist auferstanden!“

… können Sie nicht verstehen!?

Können Sie nicht verstehen!  – sagen Sie?
Das mit der Auferstehung – wie soll das gehen?
Wie soll einer da sein – an meiner Seite sein, der gestorben ist?
Und das Ganze auch noch vor mehr als 2000 Jahren!

Können Sie überhaupt nicht verstehen! – sagen Sie.
Ja – das glaub ich Ihnen gerne.
Geht mir nämlich manchmal auch so.

Können Sie überhaupt nicht verstehen! – sagen Sie.
Da sind Sie in guter Gesellschaft:

Zwischen Jerusalem und Emmaus – zwei sind unterwegs – schweren Schrittes – können nicht verstehen – der Tod des Freundes hat ihre Lebensplanung zerstört – mit ihm, dem Freund, sollte doch alles besser werden: die politische Lage, die eigene Zukunft, das gerade begonnene ‚neue‘ Leben … jetzt ist er tot.

Und wer tot ist, ach – Sie wissen das selber nur zu gut!

Tourdion

Zwischen Scharbeutz und Ratekau
– zwei sind unterwegs – schweren Schrittes:
„Mama“, fragt die 5-jährige Tochter,

„Mama, jetzt, wo Oma gestorben ist, wo ist sie jetzt?“

Ja – wo ist sie jetzt?
Wo sind die, von denen wir uns für immer verabschieden müssen?
Was antworten Sie, wenn vielleicht auch Ihr Kind, Ihre Enkelin Sie fragt?

Was antworten Sie?

On the way to Cesarea


„Mama, jetzt, wo Oma gestorben ist, wo ist sie jetzt?“
„Im Himmel“, sagt die Mutter.

Unterwegs. Damals.
Zwei im Gespräch miteinander. Einander Stütze. Es ist besser zu zweit als allein, wenn man traurig ist. Ein Dritter gesellt sich zu ihnen. Sie merken es kaum. Er fragt. Will wissen, warum sie so traurig sind. Sie antworten: „Das mit Jesus von Nazareth – wie er ans Kreuz gebracht worden ist – und er war doch unsere Hoffnung – tot!“

Unterwegs. Zwischen Scharbeutz und Ratekau – zwei im Gespräch miteinander:
„Mama, jetzt, wo Oma gestorben ist, wo ist sie jetzt?
„Im Himmel“, sagt die Mutter.
Daraufhin das kleine Mädchen: „Gott sei Dank!
Ich dachte schon, Oma sei tot!“

Tot sein – verstehe ich – kann man also auf verschiedene Weise:
Zwei Möglichkeiten haben wir gerade gehört:
Man kann tot sein und in der Erde liegen.
Man kann aber auch tot sein und ‚im Himmel‘ sein.

Ich glaube, dass es noch eine andere Weise von Tot-Sein gibt:
Ich sehe Menschen vor mir, die in den Kriegsgebieten unendlicher Gewalt ausgesetzt sind, Menschen auf der Flucht, Menschen, die für sich keine Zukunft mehr sehen.
Vielleicht sehen Sie auch Menschen vor sich,
Gesichter und Namen fallen Ihnen ein …

Die letzte Rose des Sommers

Damals, die  beiden, die sagen: Unser Freund ist tot und liegt in der Erde.
Nach langem Weg kommen sie dann endlich in Emmaus an. Kehren ein – wollen zu Abend essen.
Und als sie am Tisch sitzen, da nimmt der Dritte, der Fremde, das Brot. Dankt, bricht es in Stücke, gibt es den beiden.
Da fällt der Groschen. Das ist kein Fremder. Nur einer teilt so das Brot. Sie erkennen das mit einem Mal. Nur einer teilt so das Brot: Ihr verstorbener Freund Jesus.

Tot – aber wohl doch nicht in der Erde, sondern ?
Im Himmel?

Das Leben kehrt in sie zurück.
Die Begegnung mit dem, den sie tot glaubten, lässt sie aufstehen.
Sie verlassen das Haus, kehren zurück nach Jerusalem – auf schnellstem Weg.

Jesus hat von sich gesagt: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“

Das ändert nichts an der Tatsache, dass ich um meine Endlichkeit weiß. Aber sie verändert meinen Blick auf die, die leiden und kaputtzugehen drohen. Vertraue ich dieser Aussage, dann schickt mich die Auferstehung Jesu mitten hinein ins Leben – mitten hinein in Schmerz und Trauer, in Unrecht und Gewalt.
So wie die beiden tief-traurigen Freunde, die nach Jerusalem zurück laufen.

Glaube ich an einen Gott, der stärker ist als der Tod, dann wird das nicht spurlos vorübergehen an den vielen Todesspuren, die unser Leben durchziehen. Dann werde ich an der Seite der Verzweifelten und Gezeichneten mitgehen – sie mitnehmen ins Leben.

Und – wenn Jesus das Leben ist – dann gilt das in letzter Konsequenz auch für mein eigenes Leben:
Ich werde einmal tot sein, in der Erde liegen – ja – und doch leben bei Gott. Das ist meine Hoffnung, die mich nicht still in meiner Ecke sitzen lassen kann.

Ich kehre an den Anfang meiner Predigt zurück:

Eine Zeitlang galt:
Der Tod hat das letzte Wort –

eine Nacht – ein Tag – eine Nacht …

Diese Zeit ist vorüber.

Jetzt gilt:
„Fürchtet euch nicht!

Ich bin bei euch, alle Tage bis an das Ende der Welt!“

Jesus sagt das. Der, der das Leben ist.
Der mit uns unterwegs ist. Hell und Dunkel mit uns durchschreitet. Der uns Menschen an die Seite stellt, die uns das Leben wiedergeben.

„Glauben Sie das, Frau Pfarrerin?“
„Ja!“,  sage ich. „Stotternd manchmal. Und manchmal nur sehr verhalten.
Ist doch so viel Dunkles auch in unserm menschlichen Miteinander. So viel Egoismus, der nur an das eigene Fortkommen denkt.

So viel Selbstsucht, die Angst produziert und die eigene Freiheit bedroht sieht durch die vielen Fremden in unserem Land, und die gar nicht wahrnimmt, dass es nicht um uns und unsere Befindlichkeiten geht, sondern die Bedrohung des Lebens und der Freiheit derer, die da kommen.

„Glauben Sie das mit der Auferstehung, Frau Pfarrerin?“
„Ja!“,  sage ich. „Stotternd manchmal. Und manchmal nur sehr verhalten.

Aber dann will ich mich an die beiden erinnern – an die von damals auf dem Weg nach Emmaus. Und an die beiden auf dem Weg zwischen Scharbeutz und Ratekau. Amen.

Weiter Himmel

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